Entfaltet New-Work die gewünschte Wirkung? Ich habe da meine Zweifel.

Entfaltet New-Work die gewünschte Wirkung? Ich habe da meine Zweifel.

New-Work – eine Blase? In PIQUANO, von Uwe Sunkel.

New-Work - eine Blase? X SIEBEN

Fotoquelle: Pixabay

 

New Work gehört so langsam aber sicher zu den Themen, die mich langweilen. Während unzählige Unternehmen bereits den Spagat zwischen Old und New Work versuchen und sich inzwischen Armeen von Beratern mit dem passenden Angebot auf dem Markt tummeln, häufen sich bei mir die Zweifel, ob wir (noch) auf dem richtigen Weg sind.

Waren wir das je? New Work, so wie man es uns schmackhaft machen möchte, funktioniert nämlich gar nicht.

New-Work damals und heute

Vor immerhin bereits mehr als 40 Jahren publizierte Frithjof Bergmann das New-Work-Konzept – damals als Gegenentwurf zur kapitalistischen Gesellschaft. Sein Ansatz kommt im Ergebnis zu dem Schluss, dass Neue Arbeit aus drei gleichberechtigten und möglichst gleich gewichteten Säulen bestehen sollte: Erwerbsarbeit, Selbstversorgung und „Arbeit, die man wirklich, wirklich will.“.  Bleibt nur noch die Frage, wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter so nachhaltig überzeugen, dass diese auch “wirklich, wirklich” tun wollen, wofür man sie eingestellt hat.

In der heutigen Interpretation von New-Work ist es tatsächlich die dritte Säule, auf die Arbeitgeber ihre Aufmerksamkeit richten. Arbeit, so ist gelegentlich zu hören und zu lesen, sei die schönste Nebensache der Welt. Und diese “Fast-Schon-Freizeitbeschäftigung” gehört natürlich in ein passendes Umfeld gesetzt – mit rosafarbenem Geschenkpapier und Schleife drum. In den Wohlfühlzonen der Start-Ups türmen sich die Obstkörbe, während die Mitarbeiter knietief in Gummibärchen stehen und sich an Kickern duellieren.

Ganze Arbeitswelten werden neu erschaffen, um den Mitarbeitern der Generationen Y und Z eine Umgebung anzubieten, die bloß nicht mehr an das erinnert, wozu man sie eigentlich eingestellt hat. Arbeiten. Böses Wort .

 

Der Effekt verpufft

Das Problem dabei ist nur, dass Obstkörbe und Tischkicker keine Sau mehr interessieren. They suck! Wer glaubt, dass wir die Bedürfnisse einer Gesellschaft, wie wir sie heterogener noch nie zu vor erlebt haben, mit ein und dem gleichen Strickmuster befriedigen könnten, der sollte dringend mal zum Arzt gehen. Tut mir leid, das so deutlich zu sagen. Aber die Tatsachen liegen doch auf der Hand. Wir leben in einer Überfluss-Gesellschaft. Alles ist verfügbar. Informationen, Waren, Dienstleistungen – zum kleinen Preis, in guter Qualität und meist sogar kostenfrei. Und jetzt kommen die Arbeitgeber daher und stellen die Angebote von Lidl und Saturn in ihren Kaffeeküchen aus. Wen soll das bitte interessieren? Jeder halbwegs intelligente Mitarbeiter entdeckt die Ruinen hinter den potemkinschen Dörfern, noch bevor die erste Banane verdaut ist.

Wer New-Work wirklich ernst nehmen und leben möchte, der müsste grundsätzlich an seiner Haltung arbeiten und zu einer radikalen Systemänderung bereit sein. Stephan Grabmeier hat das gerade erst in seinem Beitrag “Die New-Work-Lüge: Viel Selbstbeweihräucherung, wenig Substanz” richtig auf den Punkt gebracht. Und genau an diesem Punkt wird’s schwierig. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es gar nicht allen Mitarbeitern recht machen können. Es gibt nämlich keine Prototypen mehr, die mit erhöhtem Speichelfluss auf Tischfußball reagieren. Vielmehr erleben wir in unserer Gesellschaft gerade die Ausbildung höchst individueller Bedürfnispyramiden.

Maslow ist tot – und Kickertische sind es auch. Auf diese Heterogenität eine Antwort im Sinne von New-Work zu finden, halte ich für äußerst schwierig. Und man muss sich auch ernsthaft fragen, ob es die “Arbeit, die man wirklich, wirklich will.” überhaupt in einem Unternehmen geben kann –  oder findet man die nicht eher im heimischen Schrebergarten?

 

Die Diskussion schadet mehr, als sie nutzt

Wir müssen uns ferner fragen, was wir mit unseren Aussagen und Diskussionen zum Thema New-Work anrichten. Wenn wir unsere Mitarbeiter glauben lassen – ja sogar im Glauben bestärken, dass Feel-Good ein regelrechter Anspruch sei, dann wird uns das aus genannten Gründen auf die Füße fallen. Ich kann nur allen Arbeitgebern raten, sich von der moralischen Verpflichtung zu lösen, die immer öfter in das Modell hinein interpretiert wird.

Es ist nämlich nicht unsere Aufgabe als Arbeitgeber, jedem Mitarbeiter seinen eigenen Spa-Bereich zu bauen. Vielmehr ist es so, dass Mitarbeiter und Unternehmen zueinander finden müssen, ohne sich dabei zu verbiegen. Wer nicht zueinander passt, der sollte auch nicht miteinander arbeiten. Es gibt eben auch Unternehmen, Bereiche oder Mitarbeiter, zu denen die oben erwähnte radikale Veränderung gar nicht passt. An dieser Stelle nur den Schein zu wahren, während sich die Organisation im Hintergrund keinen Millimeter bewegt, halte ich für falsch. Das ist weder authentisch noch langfristig erfolgreich.

 

Was am Ende bleibt …

Derzeit hat das Thema eine hohe Dynamik und befeuert sich fast schon selbst. In den rund 25 Jahren, die ich den Markt nun schon begleite, habe ich einige solcher Trends kommen und auch wieder gehen gesehen. Daher könnte – neben der konsequenten Umsetzung – eine weitere Empfehlung lauten, den Hype einfach mal abzuwarten und nicht sofort nach jedem Stöckchen zu schnappen.

Letzteres ist tatsächlich eine gute Handlungsalternative, denn in 2-3 Jahren schon wird das Thema vermutlich durch ein neues Buzzword abgelöst. Die guten Ansätze sind dann nur noch wenig mehr, als 2 Zentimeter bedrucktes Papier im Bücherregal.

 

Read the full article at: piquano.com

 

Wie ist Eure Erfahrung / Meinung dazu? Wir freuen uns auf die Kommentare!

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